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Klunkergefühle

Ja, das ist eins der offiziellen Filmplakate gewesen

Die Frage, die sich bei alten Werken immer stellt, lautet: halten sie dem heutigen Blick stand? Hat der Zahn der Zeit von einer kümmerlichen Ruine abgesehen überhaupt etwas übrig gelassen? Steht da in meinem Regal eigentlich ein Cringefest oder ist das auch heut noch OK? Oft retten sich Filme von Anno Dunnemals nur durch die Nostalgiebrille in die Gegenwart. Auch wenn ich wieder klingen mag wie ein vorgealtertet Zottelzausel aus dem Altersheim, der vom Krieg erzählt; eins können mir die Schamhaarazubis da draußen glauben: Jeder, der sich Sachen anschaut, die man in Kindheit oder Jugend gefeiert hat, riskiert einen Realitätscheck, der gelegentlich sogar einer Horrorprobe gegen Cthulhu nahe kommt.

Da ich unbelehrbar bin, pfeife ich viel zu oft auf den Ratschlag Dinge einfach in guter Erinnerung zu behalten. Unlängst geschehen mit dem 1984er Film Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten - oder wie er im Original heißt: Romancing the Stone. Also, haben wir es hier mit einem Blast-from-the-Past zu tun oder sollte man lieber die Grube in Sparta bemühen?

Schriftstellerin Joan Wilder (Kathleen Turner) lebt für zwei Dinge: die Westernschnulzen, die sie schreibt, und ihren Kater Romeo. Mit dem Privatleben schaut es eher mau aus, aber dafür läuft das Business. Außerhalb ihrer Wohnung hat sie lediglich Kontakt zur alten Nachbarin und ihrer Agentin. Sie führt also ein eher einsames Leben. Obendrein vermittelt ihre Wohnung einen ziemlich unorganisierten Eindruck. Eines Tages erhält sie von ihrer Schwester einen Brief aus Kolumbien. Darin: eine Schatzkarte. Umgehend meldet sich besagte Schwester, weil sie sich inzwischen in den Fängen von drittklassigen Gangstern befindet, die ihr Leben bedrohen. Und was wollen die bösen Buben? Natürlich die Schatzkarte. Joan lässt also alles stehen und liegen und macht sich auf die Reise nach Kolumbien. Weder spricht sie die Sprache, hat Ahnung von Geographie oder Fauna des Landes, noch weiß sie um die politische Situation. Was kann da schon schiefgehen?

Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten ist also eine Fish-out-of-the-Water Geschichte, wie sie im Buche steht. Diese Ausgangslage eignet sich hervorragend für eine Abenteuerkomödie. Interessant ist, dass der Film im gleichen Jahr veröffentlicht wurde wie Jäger des verlorenen Schatzes. Der Film, der eine Welle an Nachahmern provoziert hat, die reihenweise so gut gealtert sind wie Milch in der Sonne. Langweilige Drehbücher, aus der Zeit gefallene Darstellung von Ureinwohnern, sexistische Klischees, billig produziert usw usf. Es bereitet oft Schmerzen diese Filme erneut zu schauen. 

Romancing the Stone hingegen wirkt heute, obwohl er keine Antwort auf Indiana Jones oder gar die spätere Entwicklung des Genre sein kann, wie ein Gegenentwurf. Zum einen steht hier eine Frau im Zentrum der Erzählung. Michael Douglas Figur Jack T. Colton erfüllt in mehrerer Hinsicht, obwohl männliche Hauptfigur, eher die Rolle des Supporting Characters. Zum Glück wurde seine Rolle etwas zwielichtig und mehrschichtig angelegt, sodass das Zusammenspiel zwischen ihm und Turner nicht langweilig wird. Auch sonst bemüht sich Regisseur Robert Zemeckis (Zurück in die Zukunft, Forrest Gump) Klischees zu vermeiden. Weder werden tumbe Eingeborene gezeigt, die primitive Rituale durchführen, noch ist Joan Wilder ein kreischendes Dummchen oder die typische Dame in Nöten. Joan stellt sich wenn, dann nur aus fehlender Erfahrung heraus unklug an- und weil es der Situationskomik dient. Sie lernt jedoch schnell dazu und ist kein naives Dummchen. Im Finale kann sie sich sogar sehr gut ihrer eigenen Haut erwehren, sodass der gar nicht mal so muskelbepackte Colton ihr nicht zur Hilfe eilen muss. Er tut es dennoch und kommt passenderweise zu spät. Joan hat ihren Kampf längst gewonnen. 

Also lohnt es sich Romancing the Stone eine Chance zu geben? 

Ich finde, Ja! Zumindest wenn man sich für das Genre interessiert. Der Film kann seine 80er Jahre Wurzeln nicht verhehlen. Frisuren, Soundtrack, Klamotten, Bild - alles schreit geradezu danach. Allerdings ist das an manchen Stellen wiederum derart drüber, dass sich für heutige Zuschauer eine weitere, unfreiwillig komische Ebene zur gewollten Comedy hinzugesellt hat. Zemeckis holt aus dem schmalen Budget von 10 Mio US $ alles heraus, was an den Kinokassen auch mit einem Boxoffice von 86 Mio US $ belohnt wurde. Turner und Douglas funktionieren als Gespann sehr gut, das sich nicht erst im Hass aufeinander ergehen muss bevor man sich mögen darf. Dankenswerterweise wurde dieses Klischee ausgespart. Danny DeVito ist ein unglaublicher Glücksfall für den Comedypart des Films. Am besten funktioniert diese, sobald der Film auf Elf dreht und sich der Anarchie hingibt. Davon hätte ich gerne noch viel mehr gesehen. Am Ende bleibt ein charmanter und kurzweiliger Film - und das ist deutlich mehr als andere Vertreter des Genres von sich behaupten können. 

P.S. Erwartet mehr Besprechungen der Marke Zurückgeblickt in der Zukunft.


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