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Zwei Cent für den Dummbrunnen

Ein Sargnagel für's Genre

 
Ich mag Abenteuerfilme. Geschichten, in denen es um die Erforschung alter Stätten geht, um mystischen Klimbim aus der Vergangenheit, Schätze, die ihrer Entdeckung harren. Eine schöne Mischung aus historischen Faktenkrümeln, gemischt mit einer handvoll erinnerungswürdiger Figuren und ein wenig gut gemachter Action ist mir am liebsten.  Von mir aus kann man sich auch gleich alles aus den Fingern saugen und auf historische Bezüge komplett pfeifen. Ja, ich mag das Genre immer noch, obwohl Hollyood seit langer Zeit bestenfalls mittelmäßige Vertreter produziert. Die Vermächtnis-Reihe, der fehlbesetzte Uncharted Film, Tomb Raider, die meisten Dan Brown Verfilmungen, der James Mangold Indiana Jones... irgendwie trifft man in Hollywood den Ton nicht mehr. 

Selbst Filme, denen ich etwas abgewinnen kann, haben ihre Probleme. Beispielsweise Sahara mit William H. Macy, Matthew McConaughey, Steve Zahn und Penelope Cruz. Der Film hatte ausgeprägte Defizite in Sachen Pacing und Ausrichtung des Handlung. So schwankte man etwas unbeholfen zwischen albernem Stück, bierernst gemeinter Handlung und überzogener Action hin und her. Egal, ich hatte eine dennoch eine gute Zeit mit dem Streifen.

Diese Art Filme erscheint ohnehin nicht allzu oft - was mich bei der abgelieferten Qualität nicht wirklich wundert. Dementiana Jones und die Wählscheibe des Schicksals beispielsweise konnnte bei einem Budget von etwa 400 Mio US Dollar lediglich 384 Mio. an der Kinokasse einnehmen. Bei ausufernden Produktions- und Werbebudgets wird es zudem immer schwerer in die Gewinnzone zu kommen. Vermutlich hätte der letzte Franchiseeintrag um 1 Mrd US Dollar einspielen müssen, um profitabel zu sein.
 
Jedenfalls dachte man sich bei Apple, dass es an der Zeit wäre ebenfalls Schatzsucher auf Reise zu schicken. Schließlich muss das Portfolio für die Streamingsparte weiter aufgepeppt werden. Grundsätzlich eine gute Idee, aber noch besser hätte ich es gefunden, wenn ein guter Film dabei herausgekommen wäre.
 
Den Ablauf des Pitchmeetings stelle ich mir etwa wie folgt vor:  

Apple-Chef:
"Ich will einen Apple-Indiana Jones Film haben! Am Wochenende lief der neue Indy im TV. Fantastischer Spaß war das. Am besten fand ich die Szene mit dem Helikoptertransport vom Piratenschiff. BRUUM!! Sowas brauchen wir auch. Ein Apple-Indiana-Jones. Mit Lensflares."
 
Apple-Henchman:
"Sir, es gibt keinen Indiana Jones Film mit einem Piratenschiff. Haben Sie vielleicht eher Uncharted mit Tom Holland geschaut?"
 
AC:
"Das war nicht Indiana Jones?"
 
AH:
"Nein, Sir."
 
AC:
"Ich hatte mich schon gewundert, warum Harrison Ford so jung ausgesehen hat."
 
AH: 
"Kommt vor, Sir."
 
AC: 
"Aber es lief doch neulich ein neuer Indy im Kino, oder hab ich mir das eingebildet??"
 
AH:
"Nein, das ist korrekt, Sir. Das Rad des Schicksals hieß der."
 
AC:
"Ach das war....!??"
 
AH:
"Ja, Sir."
 
AC:
"Aber der war ja schrecklich!!!"
 
AH:
"Nach dem was man so hört, scheint dem zu sein, Sir."
 
AC:
"Dann brauchen wir halt einen Apple-Uncharted Film!"
 
AH:
"Da sie es erwähnen, ist es passend, dass mir der Schwippschwager meines Hundefrisörs seiner Patentante unlängst ein Drehbuch über fünf Ecken von James Vanderbilt hat zukommen lassen."
 
AC:
"Ist es gut?"
 
AH:
"Es ist ein Drehbuch, Sir."
 
AC:
"Aber ist es gut?"
 
AH:
"Es ist sofort umsetzbar und steht zur Verfügung."
 
AC:
"Dann ist es gut."
 
AH:
"Sehe ich auch so. Ich werde alles weitere veranlassen, Sir..."
 
AC:
"Moment! Zuerst sollten wir einige Eckdaten abklären."
 
AH:
"Ich höre..."
 
AC:
"James Vanderbilt. Hat der nicht damals die Drehbücher zu Zodiac und Welcome to the Jungle geschrieben?"
 
AH:
"Er war Co-Autor. Das ist korrekt." 
 
AC:
"Das klingt doch vielversprechend. Er hat Ahnung von Drama UND Actioncomedy."

AH:
"So sehe ich das auch, Sir."

AC:
"Oh, ich sehe gerade, dass er auf IMDB als alleiniger Drehbuchautor bei White House Down und den Murder Mystery Filmen gelistet ist. Bitte sagen Sie mir, dass er unseren Film nicht allein geschrieben hat."

AH:
"Doch Sir, aber Sie wissen ja wie das heutzutage ist: Am Set dreht der Regisseur, nicht der Autor."

AC:
"Nun gut, auch wieder wahr. Ähm, was für eine Story hat sich Mr. Vanderbilt denn ausgedacht?"

AH:
"Es geht um ein Geschwisterpaar, das Teil einer Schatzjägerfamilie ist. Lange Tradition und so. Haben es voll drauf."
 
AC:
"Wie sie ja wissen, arbeite ich am liebsten mit Profis."
 
AH:
"Ja Sir. Die zwei sind Vollprofis. -
Zusammen suchen sie den Jungbrunnen."
 
AC:
"Haha, auf DER Suche war Harvey Weinstein auch viele Jahre lang."
 
AH:
"Sir, wir machen diese Art Scherze nicht mehr."
 
AC:
"Oh, wirklich nicht?"
 
AH:
"Nein."
 
AC:
"Dann vergessen Sie meinen Einwurf und erzählen sie mir lieber wer die Gegner der Geschwister sind. Kein guter Held ohne gute Feinde."
 
AH:
"Ein Inspektor von Interpol verfolgt sie."
 
AC:
"Wieso das denn?"
 
AH:
"Na, die Geschwister sind ja Diebe."
 
AC:
"Unsere Helden sind Verbrecher?"
 
AH:
"Sie sind coole und sehr liebe Diebe. Vor allem aber cool."
 
AC:
"Aha... noch jemand? Interpol kann doch nicht alles sein. Klingt mehr nach Papierkram als Spannung."
 
AH:
"Eine Geheimorganisation aus dem Vatikan versucht sie ebenfalls aufzuhalten."
 
AC:
"Vatikan. Sind das so Weinsteins? Ich weiß nicht, ob es klug wäre Religiöse vor den Kopf zu stoßen..."
 
AH:
"Keine Sorge, Sir, das sind am Ende auch die Guten. Niemand wird hier beleidigt werden."
 
AC:
"Also wenn die Geschwister, die Geheimorganisation und Interpol eigentlich die Guten sind, wer ist denn am Ende der Feind?"
 
AH:
"Das ist das Beste! Das wird niemand kommen sehen: Ihr Auftraggeber."
 
AC:
"Ja Potzblitz, das gab's ja noch nie!"
 
AH:
"Bestimmt nicht. Er ist todsterbenskrank, aber reich. Er hat die Mittel für die Suche nach dem Jungbrunnen, der ihn retten kann. Aber er braucht die Expertise der Geschwister. Natürlich wird er sich am Ziel angekommen gegen sie wenden."
 
AC:
"Ein äußerst innovativer Twist von diesem Vanderbilt. - Wird es denn wenigstens auch Menscheln?"
 
AH:
"Ein Loveinterest mit der Jägerin des Geheimbundes wird hauchzart angedeutet, aber der Fokus liegt auf dem Verhältnis der Geschwister."

AC:
"Gibt es Streitthemen?"
 
AH:
"Ja, alles. Die Zanken sich durch den gesamten Film hinweg."
 
AC:
"Ach, Geschwister. Man kennt sie ja. Sonst noch was?"
 
AH:
"Ähm, in der Tat. Die Verwicklung der Schwester in die Suche nach dem Jungbrunnen gefährdet das Sorgerecht für ihren kleinen Sohn."
 
AC:
"Och nein! Der arme Sohn! Es wird aber eine Lösung geben, oder?"
 
AH:
"Um nicht zu sehr von der Schatzjagd abzulenken wird nichts hiervon eine Relevanz haben. Der Konflikt wird quasi nur touchiert, um dann durch eine plötzliche Versetzung des Vaters nach Japan gelöst zu werden. So kann der Ex ihr den Sohn nicht wegnehmen, weil sie in die Illegalität gegangen ist. Am Ende sind damit alle happy."
 
AC:
"Puh! Gut zu hören. Alles andere wäre vermutlich zu anspruchsvoll, ähm ich meine aufregend für die Zuschauer."
 
AH:
"Nichts hat in diesem Film eine Konsequenz. Versprochen, Sir! Die Zuschauer sollen nur vorgegaukelt bekommen hier würde etwas total Deepes mit der Protagonistin passieren."
 
AC: 
"Gibts eigentlich einen persönliche Motivation, sich der Suche nach dem Jungbrunnen anzuschließen? Geldnot, Erpressung, ebenfalls krank wie der böse Bube?"
 
AH:
"Nein Sir."
 
AC:
"Warum unterstützen die Geschwister denn dann so ein Unterfangen?"
 
AH:
"Langeweile? Sensationslust? Geld haben die jedenfalls genug."

AC:
"Just-for-fun klingt nach einer guten Motivation. Damit können wir arbeiten. 
Gen Z und die Kids der Gen Alpha können an diese Belanglosigkeit garantiert andocken. Wer soll auf dem Regiestuhl Platz nehmen?"

AH:
"Ritchies Guy würde sich anbieten. Er hat gerade kein Projekt, das aus  der Pre-Production-Phase raus wäre."

AC:
"Ah wundervoll! Bube, Dame, König, Snatch!, Codename Gentleman, King Arthur - Legend of Sherlock, Covenant of RockNRolla - wirklich coolen Stuff hat der Mann geschaffen. Mit dem Namen könnte man sich schmücken. - Meinst du er kommt mit 180 Mio US Dollar Budget über die Runden?"

AH:
"Mr. Ritchie kann gut mit Mid-Budget umgehen. Er liefert für 50 Millionen teilweise mehr ab, als andere für 300 Millionen." 

AC: 
"Schick Schick! Dann ist er unser Mann von A.P.P.L.E.! Hi, hi, hi!"
 
AH:
"Hervorragend pointierter Scherz, Sir."
 
AC
"Wir sollten noch über die Schauspieler reden! Haben Reynolds, Johnson und Gadot Zeit?"

AH:
"Also für 180 Millionen US Dollar Budget können wir uns so eine ... Starpower nicht leisten, Sir. Die alleine kosten zusammen schon 60 bis 70 Millionen - und dann hätten wir immer noch keine Schauspieler engagiert."

AC:
"Ach, sei doch nicht so garstig. Die wissen halt, dass sie selbst für Negativleistungen gefeiert werden."

AH:
"Das stimmt zwar grundsätzlich, aber das ändert nichts daran, dass die viel zu teuer sind. Also selbst wenn die für ihr Geld auch arbeiten würden."

AC: 
"Nun gut, wir müssen günstiger denken. Ich seh dir doch an, dass du wen in der Hinterhand hast."

AH:
"Die Agenten von Tick, Trick und Track haben Bedarf angemeldet. Die drei müssen sich noch beweisen. Außerdem ist grad überall Drehpause."

AC:
"Wer?"
 
AH:  
"Ach, ich kann mir die Namen dieser Mauerblümchen nicht merken. Für die interessiert sich am Ende des Tages doch eh niemand mehr."

AC: 
"Aha. Sind die denn gut?" 

AH:
"Gut genug zumindest für unser Budget. Bock zu Drehen haben die schonmal."

AC: 
"Fein, fein! Engagement ist wichtig für eine Karriere. Man merkt, wenn die Schauspieler auch auf die Leinwand wollen. Welche Rollen sind ihnen angedacht?" 

AH:
"Öhm... Die von William, Jack und Averell? Der Inspektor, die Jägerin und die Helfer der Geschwister halt." 

AC:
"Du weißt nicht einmal wie die Rollen heißen?"

AH:
"Ach kommen sie, Sir, die sind mindestens so vergessenswert wie ihre Darsteller. Ups..."

AC:
"Hast du nicht eben noch gesagt, dass die gut sind?"

AH:
"Öhm, schon. Nur sind die nicht gerade Charmemagneten wie Reynolds, Rock und Gadot."

AC:
"Ist notiert, wir können uns für unseren Abenteuerfilme also nur Platzhalter leisten?"

AH:
"NAAAAAIIIIN! Das würd ich so nicht behaupten, Sir! Stanley Tucci..."

AC:
"Stanley Tucci ist an Bord? Dass der auf seine alten Tage nochmal den Actionheld geben würde..."
  
AH:
"N...N.... Nein. Der ist nur für eine Minute oder so dabei."

AC:
"Eine Minute?! Na, ok, bestimmt dann ein mysteriöser Strippenzieher im Hintergrund. Weiter, wen haben wir noch?"

AH:
"Domnhall Gleeson."

AC:
"Der arme Wicht, der in der Star Wars Sequel-Trilogie die 'Deine Mutter-Witze' ertragen musste?"
 
AH:
"Ähm ja."
 
AC: 
"Sag mir, dass das noch nicht alles war!"
 
AH:
"Natürlich nicht. Die Geschwister werden von niemand anderem gespielt als John Krasinski und Natalie Portman."
 
AC:
"Gottseisgedankt, Namen die ich kenne. Am besten reden wir ab hier nicht weiter. Sonst entscheide ich mich doch noch gegen die Finanzierung unseres schönen Abenteuerfilms."
 
AH.
"Bewahre, Sir! Das wäre doch wirklich tragisch."
 
Um die Notschlachtung von Fountain of Youth nicht weiter in die Länge zu ziehen, noch ein paar nette Worte vor dem Fazit: insgesamt ist der Film auf einem konstanten Qualitätslevel produziert. Das mag nach den vorherigen Abschnitten nach einem vergifteten Kompliment klingen, ist es aber nicht. Rein handwerklich hab ich wenig zu meckern. Hier kommt es schlicht auf Vorlieben an. Die Farben sind teilweise etwas zu poppig, aber die einzelnen Setpieces sind durchaus gelungen. Einzelne Szenen funktionieren gut solange man sie losgelöst voneinander betrachtet. 
 
Als zusammenhängender  Film jedoch ist das, was Guy Ritchie hier als Auftragsarbeit abgeliefert hat eine einzige Katastrophe. Die Figuren sind so leer wie drei Flaschen Rum nach einer durchzechten Nacht. Da digital gedreht wurde, besteht noch nicht einmal die Chemie auf dem Film zwischen den Charakteren. Die Figuren machen keinerlei Entwicklung durch. Wir haben es mit oberflächlichen Backpfeifengesichtern zu tun, die den lieben langen Tag durch die Welt stolzieren und sich für das geilste auf der Erdkruste halten. Es gibt keine Fallhöhe, abgesehen vom unerträglichen Schicksal womöglich mal uncool gewirkt zu haben. Gespielt wird das Ganze obendrein noch, als sei man in der Mittagspause. Ich kann Ritchies Filmographie einiges abgewinnen, aber diesen Film sollte man wie einen Tumor behandeln, der rausgeschnitten gehört. 
 
Ich wünschte der Film würde das gehen, wie die Geschwister mit Nachnamen heißen: Perdu(e)! 
 
Das vorligende Endergebnis ist nämlich der Beweis dafür, dass niemand... wirklich NIEMAND am Set Lust darauf hatte diesen Film zu drehen.

Fountain of Youth
ist bar jeder Seele.
 
Dies ist die Definition von Content. 

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