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Raus aus der Komfortzone



Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Für Nathan Caine (Jack Quaid) birgt dieses Sprichwort eine überlebensnotwendige Binsenweisheit. Nathan wurde nämlich mit einer Erkrankung geboren, die ihn keinerlei Schmerz fühlen lässt. Das ist extrem gefährlich, da Schmerz ein wichtiges Signal des Körpers ist, das auf Krankheiten und Verletzungen hinweist. Nathan könnte sich versehentlich mit der Kettensäge ein Bein amputieren und würde es erst merken, wenn ihn der Blutverlust in die Besinnungslosigkeit treiben würde. Oder um ein weniger drastisches Beispiel zu nennen: er würde einen Stein im Schuh nicht spüren und ihn sich daher in die Fußsohle einarbeiten. Daher lautet sein Lebensmantra: Unfallverhütungsvorschriften. Diese trägt er wie eine Monstranz vor sich her. Neben dem Präparieren seiner Räumlichkeitenen gehört dazu auch sich von Menschen weitestgehend fernzuhalten. So verbringt er seine Freizeit meist in Onlinespielen. Dann eines Tages taucht eine neue Kollegin in seiner Bank auf und er verguckt sich in Sherry (Amber Midthunder). Wenn er sie näher kennenlernen will, muss er wohl oder übel seine Komfortzone verlassen. Gesagt, getan, und ehe er sich versieht, wird Nathan in ein bluttriefendes Abenteuer hereingezogen. 

Novocaine bzw. Mr. No Pain wie er hierzulande getauft wurde, ist eine überaus sympathische, schnörkellose Action-Komödie. Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist das Titelgebende Gimmick. In Guns Akimbo wurden Daniel Radcliff zwei Bleispritzen an die Hände geschraubt, in Crank muss Jason Statham sein Stresslevel hoch halten, damit er nicht abnippelt, in Boss-Level gerät Frank Grillo in eine Zeitschleife, durch die er sich bis ins Finale stirbt und in Hardcore Henry wird das Geschehen aus der Ego-Perspektive eines stummen Charakters erzählt. In Novocaine treibt die Schmerzunempfindlichkeit halt Action und Comedy voran.

Was all diesen Filmen gemein ist, ist ein relativ hohes Tempo. Oft ist es sogar so, dass die Qualität immer dann stark abfällt, wenn das Tempo nicht mehr gehalten wird. Daher ist es von Vorteil, wenn diese Actioner keine allzu hohe Laufzeit haben. Mr. No Pain kommt grundsätzlich mit einer "zu" langen Laufzeit von 110 min daher. Allerdings finden die langsamen Szenen vorwiegend zu Beginn des Films statt. Nathan und Sherrys bekommen ausreichend Zeit, um den Zuschauern ans Herz zu wachsen. Vielleicht hätte man hier und da die Szenen ein wenig kürzen können, aber dafür wird man danach mit zwei unterhaltsamen Akten belohnt. 

Nathan ist kein Ex-Navy-Seal, Green Beret oder Profikampfsportler, der weiß was er tut. So stümpert er sich auf der Suche nach seiner geliebten Sherry durch die Stadt. Einerseits geht durchaus clever vor, andererseits sind ihm viele Gefahren einfach nicht bewusst. Entsprechend blutig ist die steile Lernkurve, die er bewältigen muss, wenn er Sherry retten will, bevor er selbst den Löffel abgegeben hat. 

Gemessen am 18 Million US-Dollar Budget, schaut die Produktion hochwertig aus. Special-Effects wurden vorwiegend über Make-Up und physische Props umgesetzt und in richtigen Sets bzw on Location gedreht. Digitale Effekte zerbeißen daher nicht wie unlängst in Heads of State die Netzhaut und wurden in aller Regel dezent eingesetzt. Mit einem Einspielergebnis von etwa 34 Mio US-Dollar zählt Mr. No Pain sogar als moderater Erfolg. Dafür, dass fast alle Film 2025, die keinem Franchise angehören, an der Kinokasse abgeschmiert sind, muss das an dieser Stelle nochmal betont werden. 

Abgesehen von den Hauptdarstellern ist der Rest des Cast eher nur ganz nett. Ray Nicholson mimt beispielsweise Nathans Gegenspieler. Zwar gibt er ein überzeugendes soziopathisches Arschloch, aber die Rolle gibt nicht viel mehr als das her. Jacob Batalon spielt Nathans Online Kumpel und gibt uns im Grunde seine Figur aus den Spiderman Filmen mit Tom Holland zum Besten.

Mr. No Pain ist der perfekte Gute Laune Film, wenn man dem etwas derberen, blutigen Humor frönt und es nicht ganz so durchgeknallt wie in Crank bevorzugt. 

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